Praktikumsbericht im PflegeWiki

Wir haben im PflegeWiki den Praktikumsbericht “Pflege in Nepal” veröffentlich.

Einleitung

Warum gerade ein pflegewissenschaftliches Praktikum in Nepal?

Nepal, eines der ärmsten Länder der Welt, bietet neben seiner kulturellen Vielfältigkeit, Spiritualität und landschaftlichen Schönheit auch die Möglichkeit Pflege in einem anderen Erdteil zu beobachten. Die Entscheidung ein Praktikum in Nepal zu leisten entstand im Herbst 2001, als wir uns die Frage stellten wie wird in einem der ärmsten Länder der Welt ohne funktionierendes Gesundheitssystem oder soziale Sicherungssysteme gepflegt. Wie in Krankenhäusern in solchen Ländern gepflegt wird, davon hatten wir im Rahmen des Studiums schon eine vage Vorstellung erhalten. Wir wollten es aber etwas genauer wissen. So entstand die Fragestellung nach der häuslichen Pflege in Nepal. Da wir unterschiedliche Ausbildungen in der Pflege haben, bot sich die Möglichkeit, die häusliche Pflege aus den durch unsere Ausbildungen geprägten unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Wir entschlossen uns also in Nepal nach der häuslichen Pflege in den Bereichen Altenpflege, allgemeine Krankenpflege und psychiatrischer Pflege zu suchen.

Hier sei schon einmal angemerkt, dass wir eine Form der organisierten häuslichen Pflege wie sie in europäischen Ländern zu finden ist nicht vorfanden. Bis auf zwei kleine Pilotprojekte, des Sushma Koirala Memorial Hospitals und der Hilfsorganisation „Nepal-help-the-children“ aus Deutschland, die einen Healthpost in den Bergen um Sankhu betreiben, gab es in Nepal keine organisierte häusliche Pflege. Was wir uns eigentlich hätten denken können, es fehlen in Nepal ja schon fundamentale Sicherungssysteme und das gesamte Gesundheitssystem kann als rudimentär bezeichnet werden.

Für die Organisation der Reise stellten sich nun drei wichtige Fragen.

Als Studenten verfügten wir natürlich nicht über die monetären Reserven mit denen ein mehrwöchiger Aufenthalt in Nepal hätte finanziert werden können. Über Frau Schmincke-Blau erfuhren wir, dass die Peter-und-Ruth–Wirts–Stiftung in Meikirch/Schweiz eng mit der Universität Witten-Herdecke zusammenarbeitet und im Rahmen der Förderung auch kulturelle Projekte der Studenten finanziell unterstützt. In Zusammenarbeit mit Frau Schmincke-Blau entwickelten wir ein förderungswürdiges kulturelles Projekt und stellten einen Antrag auf Förderung bei der Stiftung. Unser kulturelles Projekt beschäftigte sich mit den architektonisch einzigartigen, buddhistischen Tempelbauwerken „Stupa“ und deren interreligiösen Nutzung. Unser Antrag wurde glücklicher Weise positiv beschieden und damit war die Reise finanziell, unter Einbeziehung nicht unerheblicher Eigenmittel, gesichert. Der Kontakt zu medizinischen Einrichtungen im Königreich Nepal gestaltete sich extrem schwierig. Mehrere Versuche mit der „Medical School“ in Katmandu in Kontakt zutreten verliefen im Sande oder im Internetnirwana.

Dank der Leiterin der Auslandsprojekte Frau Donath erfuhren wir von einer Krankenschwester, einer ehemaligen Bekanten ihrerseits, die in Nepal ein Hospital leite. Aber mehr als den Namen konnten wir hier nicht in Erfahrung bringen. Dank eines ehemaligen Masterstudenten gelangten wir in den Besitz einer Emailadresse eben dieser Krankenschwester, Frau Christa Drigalla. Die Kontaktaufnahme war nun einfach. Frau Drigalla leitet als Hospitalmanagerin das Sushma Koirala Memorial Hospital in Sankhu ca. 30 Kilometer vor den Toren Katmandus. Frau Drigalla bot sich an auch für eine Unterkunft zu sorgen. Wir erhielten von ihr die Emailadresse von KP Maskey einem Bekannten von ihr und Betreiber eines One World – Reisebüros. Nach einigen Kontakten hatte KP eine Unterkunft für uns gefunden. Wir konnten im Haus seines Cousins Navin Maskey untergebracht werden. Nun war auch die Unterkunft gesichert. Auch hier möchten wir uns noch einmal für das unglaubliche und herzliche Engagement von Frau Drigalla bei der Unterstützung unserer Projekte bedanken. Die Flüge nach Katmandu konnten wir dann im Juni 2002 für den Zeitraum des Praktikums 18.8.2002 – 03.10.2002 via Internet buchen.

Das Land

Geographie

Nepal auf der Karte

Das Königreich Nepal, mit seiner Hauptstadt Kathmandu, erstreckt sich in Form eines Rechtecks, mit einer Länge von ca. 850 km (Ost-West) und einer Breite von ca. 200 km (Nord-Süd), zwischen seinen beiden grossen Nachbarn Indien und Tibet. Politisch gesehen bildet Nepal mit seiner geographischen Lage somit auch einen wichtigen Puffer zwischen den beiden Weltmächten Indien und China. Ein Viertel des Landes liegt höher als 8000m. Den höchsten Punkt stellt hierbei der Mount Everest mit 8848m dar. Der niedrigste Punkt über dem Meeresspiegel findet sich mit 70m im Bezirk Jhapa im Süden des Landes. Insgesamt lässt sich Nepal in 3 Regionen unterteilen. Der Himalaya bildet die nördliche Grenze des Landes und nimmt ca. 16% der geographischen Gesamtfläche ein. Hier findet man den Mount Everest, sowie 7 weitere der insgesamt 14 Achttausender dieser Welt. Das südlich gelegene Terai bedeckt ca. 17% der Landesfläche. Es bietet ausgezeichnetes Ackerland, außerdem finden sich hier subtropische Waldgebiete und Sümpfe. Insgesamt leben in dieser Region ca. 48% der Gesamtbevölkerung. Durch das flache Ackerland war es möglich im Terai viele Gewerbe- und Industriebetriebe anzusiedeln. 65% des Landes werden durch die Hügel eingenommen. In dieser Region liegen auch die Hauptstadt Kathmandu und das Kathmandu-Tal. Die Höhen in diesem Gebiet reichen von 500m bis 3000m. Die Bevölkerung hier hat vom Wachstum in der Tourismusbranche profitiert.

Klima

Das nepalische Klima wird durch den Südost-Monsun beeinflusst. Der Monsunregen erreicht das Kathmandu-Tal Mitte Juni, nimmt in der Folgezeit zu und geht Ende September zu Ende. In dieser Zeit kommt es zu Niederschlägen von bis zu 375mm. Die trockenste Jahreszeit in Nepal begimmt wiederum im November und endet im März. Die wärmsten Monate sind die Monate Juni und Juli mit durchschnittlichen Temperaturen von bis zu 30°C. Januar und Februar sind mit durchschnittlichen Temperaturen zwischen 2°C und 4°C die kältesten Monate des Jahres.

Bevölkerung, Sprache und Religion

Kinder in Nepal

Insgesamt leben in Nepal ca. 23 Mio. Menschen. Die amtliche Statistik teilt die Bevölkerung in 60 Kasten und Völker. Die bekannteste Volksgruppe sind die Newar. Es handelt sich bei dieser um die ursprünglichen Bewohner des Kathmandu-Tals, die durch ihre Kunstfertigkeit und ihren Geschäftssinn geprägt sind. Die Newar haben auch ihre eigene Sprache - Newari. Insgesamt sprechen die Einwohner Nepals mindestens 32 eigenständige Sprachen. Die Staats- und Muttersprache Nepali wird von ca. der Hälfte der Bevölkerung gesprochen. Die Hauptreligion in Nepal ist der Hinduismus. Ca. 87% der Bevölkerung sind Hindus. Hinzu kommen ca. 8% Buddhisten und ca. 3% Muslime.

Wirtschaft und Politik

Zeitung nach Anschlag durch Maoisten

Nepal gehört mit einem statistischen, durchschnittlichen Jahreseinkommen von 160 € pro Kopf und Jahr zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Landeswährung heisst Rupee, wobei 100 Rupees ungefähr 1€ entsprechen. Über 80% der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig. Hier werden vor allem Reis, Mais, Hirse, Gerste und Raps angebaut. Die Mengen müssten eigentlich ausreichen um die gesamte Bevölkerung ausreichend zu versorgen, allerdings sorgen fehlende Lagerungs- und Transportmöglichkeiten immer wieder für Mangelerscheinungen - besonders in den Bergen. Die Industrie Nepals beschäftigt nur wenig mehr als 1% der Bevölkerung. Somit müssen die meisten Produkte importiert werden. Hauptlieferanten sind hier Indien und China. Nepal ist eine konstitutionelle Monarchie. Bei der Regierungsform hingegen handelt es sich um eine parlametarische Demokratie. Nach Jahrhunderten der Monarchie waren die Nepali nur wenig auf die Demokratie vorbereitet, und viele wissen heute noch nicht was eine Demokratie bedeutet und was damit gemeint ist. Für viele bedeutet sie den Freifahrtschein zur Durchsetzung eigener Interessen. Die größten Parteien sind der Congress und die NCP (Nepal Comunist Party). Hinzu kommen 18 Splitterparteien. Aufgrund der Tatsache, dass ca. 55% der Bevölkerung schreibunkundig sind, präsentieren sich die Parteien (besonders im Wahlkampf) in Form von Symbolen (Fisch, Schirm, Sonne usw.). Das Parlament besteht aus 205 Abgeordneten, die direkt vom Volk gewählt werden. Diese Abgeordneten wählen wiederum die 60 Mitglieder des Oberhauses. Insgesamt kann man sagen, dass ein viel zu grosser Regierungsapparat in Nepal dafür sorgt, dass die Verwaltung des Landes durch Ineffizienz und Korruption geprägt ist. Zum Zeitpunkt unseres Aufenthalts herrschte Ausnahmezustand im Land, da die politsch extremistischen Maoisten versuchten ihre Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Noch heute ist ein Ende dieser Unruhen nicht abzusehen.

Armut und Gesundheitsversorgung

Nepal gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Ungefähr 50% der Kinder leiden an Mangel- und Unterernährung, wobei die Säuglingssterberate bei 8% liegt. Die Lebenserwartung beträgt durchschnittlich 54 Jahre. Die Bevölkerung Nepals vertraut dem öffentlichen Gesundheitssystem nur wenig. Es ist genau wie die Verwaltung des Landes von Korruption geplagt und die jährlichen Regierungsausgaben für das Gesundheitswesen betragen lediglich 23 Mio. §. Nach einem Ranking der WHO liegt das Gesundheitssystem Nepals auf einem der untersten 10 Ränge der Welt. Es gibt im nepalischen Gesundheitswesen keine Krankenversicherung. Demnach müssen die Patienten alle Behandlungen die in Anspruch genommen werden selber bezahlen, wobei der Großteil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt. Viele Menschen nehmen daher Laienbehandlungen und Rituale in Anspruch, in der Hoffnung und dem Glauben, dass diese helfen. Es gibt in Nepal weiterhin eine dramatische Unterversorgung an Pflegepersonal, Ärzten und Krankenhausbetten. Auf einen Arzt kommen ungefähr 25.000 Patienten. Im Vergleich dazu behandelt in Deutschland ein Arzt ungefähr 335 Patienten. Ferner gibt es in ganz Nepal nur etwa 5000 Krankenhausbetten. Im Übrigen ist die Pflegeausbildung den Frauen vorbehalten. Männer haben lediglich die Möglichkeit den Grad des CMA (Comunity Medical Assistent) zu erreichen. Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass durch Projekte der Entwicklungshilfe, vor allem aus Deutschland und Australien, versucht wird die Gesundheitsversorgung und auch das Pflegeverständnis zumindest ansatzweise zu verbessern.

Altenpflege in Nepal

Der alte Mensch und die Familie

soziale Bereiche des Lebens sichern

Der Kern des sozialen Lebens in Nepal ist die Familie, wobei alte Menschen sehr geachtet werden und mit sehr viel Respekt behandelt werden; sie stellen sozusagen die Familienoberhäupter dar. Allerdings ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass aufgrund der niedrigen Lebenserwartung auch der Anteil an über 65 jährigen mit 3,5% sehr gering ist. Werden alte Menschen in Nepal pflegebedürftig, ist aufgrund des Familienzusammenhalts Sitte, dass sie auch von ihren Angehörigen in der häuslichen Umgebung versorgt werden. Eine professionelle, ambulante Pflege wie wir sie in Deutschland kennen gibt es in Nepal aufgrund des schlecht entwickelten Gesundheitssystems nicht, so dass nicht nur die hauswirtschaftliche sondern auch die pflegerische Versorgung von den Familienmitgliedern sichergestellt werden muss. Aufgrund der mangelnden Hygiene und den fehlenden Ressourcen lässt diese allerdings stark zu wünschen übrig. Hinzu kommt, dass durch den Mangel an Ärzten und die hohen finanziellen Aufwendungen für ärztliche Behandlungen eine ausreichende medizinische Versorgung fehlt. Daher leiden alte Menschen in Nepal häufig an Krankheiten die nicht ausreichend oder gar nicht therapiert werden. Um diesen Menschen eine möglichst sichere Alltagsbewältigung im Eigenheim zu gewährleisten fehlen ausserdem jegliche Hilfsmittel. Seniorengerecht eingerichtete Räumlichkeiten oder Hilfsmittel wie Rollatoren, Toiletten-Stühle und ähnliches sind in Nepal derzeit noch undenkbar.

Das Altenheim am Pashupatinath

Für alte Menschen, die keine Familie haben und aufgrund von Krankheit oder Gebrechen nicht alleine leben können gibt es an der Tempelanlage Pahupatinath das Altenheim des Mutter Theresa Ordens. Es ist das einzige seiner Art in ganz Nepal. Finanziert wird diese Einrichtung durch den Orden, durch die Regierung und durch externe Spenden. Die Voraussetzungen um einen Platz in dieser Institution zu bekommen sind streng reguliert. So müssen die betroffenen Menschen nachweisen, dass sie keine Angehörigen haben die sie pflegen, dass sie aufgrund von z.B. psychischen Erkrankungen von ihrer Familie verstossen wurden, oder dass sie finanziell nicht in der Lage sind ein Eigenheim zu tragen. Insgesamt leben im Altenheim am Pashupatinath 205 Bewohner, von denen 50 schwerkrank sind. Die Unterkünfte sind sehr spärlich. Zumeist leben und schlafen die Menschen in dunklen, schlauchartigen Sälen. Die Sauberkeit und Hygiene lässt stark zu wünschen übrig. Die Betreuung der Bewohner wird von den Schwestern des Mutter Theresa Ordens sichergestellt. Die professionelle Pflege wird von insgesamt nur einer Krankenschwester übernommen. Allerdings befand sich diese zum Zeitpunkt unseres Aufenthalts im Schwangerschaftsurlaub. Einmal wöchentlich besucht ein Arzt aus dem Teaching-Hospital die Bewohner der Einrichtung, um die medizinische Versorgung sicherzustellen. Allerdings geht es hierbei mehr um Kontrolle und Diagnostik. Die pharmazeutische Therapie muss im wesentlichen aus einem Vorrat an von Touristen gespendeten Medikamenten sichergestellt werden. Das Problem hierbei besteht darin, dass die Präparate aufgrund der Packungsbeschriftungen in unterschiedlichsten Sprachen nicht den jeweiligen Anwendungsgebieten zugeordnet werden können. Somit war es unsere Aufgabe diese Medikamente zu sortieren, verschiedenen Diagnosen zuzuordnen und durch den Waschzettel angegebene Dosierungen zu empfehlen.

Das Zusammenleben im Altenheim

sich beschäftigen

Das Zusammenleben findet im Innenhof des Altenheims, der teilweise überdacht ist, statt. Hier geht es nicht nur um Freizeitbeschäftigungen, sondern im wesentlichen um die Sicherstellung des Alltags. Man lebt hier nach dem Motto. “Jeder tut noch das was er kann”. Wer also noch in der Lage ist Wäsche zu wasche tut dieses - auch für seine Mitbewohner die dies nicht mehr können. Andere Bewohner pflegen den hauseigenen Gemüsegarten. Die Erträge aus diesem werden wiederum von weiteren alten Menschen zu Mahlzeiten verarbeitet. Besonders erstaunlich ist, dass sogar die Versorgung der Pflegebedürftigen in Abwesenheit der Krankenschwester von den Mitbewohnern sichergestellt wird. Sowohl die Körperpflege, als auch die Inkontinenzversorgung, Hilfen bei der Nahrungsaufnahme und Lagerungen sind hierbei selbstverständlich. Moderne Pflegehilfsmittel wie Inkontinenzmaterial, Rollatoren oder Toilettenstühle konnten wir in diesem Zusammenhang auch hier nicht finden - insgesamt haben wir lediglich einen Rollstuhl gesichtet! Die Bewohner greifen daher auf herkömmliches Material zurück. Zum Beispiel werden für die Inkontinenzversorgung Baumwolltücher verwendet die regelmäßig gewechselt und ausgewaschen werden. Insgesamt konnte man erkennen, dass durch diese Form des Zusammenlebens und des sich gegenseitig Helfen eine grosse Zufriedenheit unter den Bewohnern herrscht. Es fehlt zwar an professioneller Pflege, aber durch den großen Zusammenhalt unter den Bewohnern findet man in diesem Altenheim eine funktionierende Sozialgemeinschaft wie man sie in deutschen Alteneinrichtungen eher selten vorfindet. Viele Defizite die durch fehlende Ressourcen entstehen werden auf diese Weise aufgefangen.

Krankenpflege in Nepal

Staatliche Krankenversorgung in Nepal

Professionelle häusliche Krankenpflege ist in Nepal genauso wenig vorzufinden wie im oben beschriebenen Altenpflegebereich.

Auch bei chronischer und akuter Krankheit gebietet es die nepalische Sitte, daß die Betroffenen von ihren Angehörigen in der häuslichen Situation versorgt werden. Aufgrund der hohen Aufnahme- und Behandlungskosten in staatlichen stationären Einrichtungen werden diese nur im äußersten Notfall aufgesucht. Während unserer Praktikumszeit konnten wir sowohl staatliche als auch international geförderte Krankenhäuser im Kathmandutal besuchen, und die medizinische und pflegerische Behandlung vor Ort beobachten. In Nepal existieren nur vereinzelt staatliche Krankenhäuser, und diverse international gestiftete spezialisierte Kliniken.

Bir-Hospital, Kathmandu

Die meisten von ihnen befinden sich im Kathmandu-Tal. Bei akuten Verletzungen oder schweren Erkrankungen nehmen die Familienangehörigen, vor allem die Frauen, mit dem Betroffenen oft eine mehrere hundert Kilometer lange Reise aus den Bergen, sowohl mit dem Bus als auch zu Fuß, zum nächstgelegenen Krankenhaus auf. Die häufigsten Verletzungen sind schwerste Verbrennungen nach Unfällen mit dem Kerosinherd. Diese mit offener Flamme betriebenen Kocher sind oft sehr veraltet, und an ihren Ventilen wird manipuliert um eigene Kerosinbehälter anschließen zu können. Viele Kocher sind nur sporadisch repariert. Immer wieder kommt es so zu heftigen Verpuffungen, bei denen sich vor allem Kinder schwerste Verbrennungen im Kopf- und Thoraxbereich sowie den oberen Extremitäten zuziehen. Die häufigsten Erkrankungen stellen Infektionskrankheiten wie Malaria, Typhus, Lepra, schwere Magen- Darminfektionen, sowie septische Wundinfektionen dar, wobei in den Krankenhäusern meist nur die Symptome schwere Diarrhoe (Durchfall), akute Exikose (Flüssigkeitsmangel) und hohes Fieber behandelt werden können, da speziefische Medikamente fehlen oder für die Betroffenen unerschwinglich sind. Die Unterbringung der Patienten geschieht in den von uns besuchten Einrichtungen in Mehrbettzimmern von meist acht Patienten, während die Angehörigen für die gesamte Aufenthaltszeit auf den Fluren schlafen, kochen, essen und die sogenannte pflegerische Grundversorgung ihrer Angehörigen sicherstellen. Das Aufgabenspektrum des Pflegepersonals umfasst medizinische Zuarbeiten und Assistenztätigkeiten wie Medikation, Verbandwechsel und Wundbehandlungen.

Die Situation in den von uns besuchten staatlichen Einrichtungen stufen wir als “hygienisch bedenklich” ein. Das in Kathmandu zentral gelegene Bir-Hospital ist mit 450 Betten das größte staatliche Krankenhaus Nepals. Um stationär aufgenommen zu werden, muss man zunächst einen Aufnahmebetrag in Höhe von 50 Rupees bezahlen. Die weiteren Kosten richten sich nach Art der Behandlung, und der benötigten Medikation. Durchschnittlich kostet eine Behandlung 1500 Rupees. Das Gebäude und die medizinischen und pflegerischen Gerätschaften befinden sich in einem derart bedenklichen Zustand, dass es uns unwahrscheinlich vorkommt, als Patient später ohne Nosokomialinfektion entlassen werden zu können.

Das Sushma Koirala Memorial Hospital

SKMH in Nepal

Die meiste Zeit unseres Praktikums verbrachten wir im Sushma Koirala Memorial Hospital (SKMH).

Das Hospital wird in Kooperation mit dem nepalesischen Sushma Koirala Memorial Trust und dem nepalesischen Social and Welfare Council durch einen leitenden deutschen Chirurgen und eine ehemalige deutsche Oberin geleitet. Das SKMH liegt etwa 15 km außerhalb Kathmandu im 700 Einwohner zählenden Dorf Salambutar und verfügt über 38 stationäre Betten und weitere 9 Behandlungsbetten im neuen OP–Trakt. Der medizinische Schwerpunkt der Klinik liegt in der plastischen Chirurgie, es werden angeborene oder durch Verletzungen und Verbrennungen entstandene Wunddefekte versorgt. Die Versorgung der Patienten erfolgt durch 42 nepalische Angestellte, darunter 4 Ärzte, 10 Krankenschwestern und 5 Pflegehelfer. Zusätzliche Unterstützung erhält das Hospital durch Krankenschwestern, Pfleger, Krankengymnasten/-innen, Zahnärzte und weiteren engagierten Helfern aus aller Welt, die Wochen oder sogar Monate freiwillig im Hospital mitarbeiten. Das SKM-Hospital verfügt über zwei große OP-Säle, die bezüglich Ausrüstung und Ausstattung bereits annähernd europäischem Standard entsprechen und somit die Voraussetzung für die Versorgung schwieriger plastisch-chirurgischer Eingriffe bilden. Ein dritter OP-Saal wurde Anfang 2003 in Betrieb genommen, um dem stetigen Anstieg von Patienten mit Verbrennungen oder komplizierten Defektwunden gerecht zu werden. Pflegehelfer Uudoubh

häusliche Krankenpflege

Da es in Nepal keine allgemeine Krankenversicherung gibt, richtet sich die Bezahlung der Behandlung nach den Einkommen der Hilfebedürftigen. In der Regel entspricht dies dem Tageslohn eines nepalischen Feldarbeiters. Eine der häufigsten hier behandelten Verletzungen findet sich bei Frauen und Mädchen. Ihre typischen Verbrennungen entstehen, wie eingangs beschrieben, beim Kochen auf der offenen Flamme des häufig manipulierten Kerosinkochers. Nur ein verschwindend kleiner Anteil der Betroffenen hat überhaupt eine Chance auf eine Behandlung, da es in ganz Nepal außer dem SKM-Hospital nur zwei kleinere, unzureichend ausgestattete Abteilungen für Plastische- und Wiederherstellende Chirurgie gibt. Bei schweren Fällen dauert die Behandlung meist über Monate. Im hospitaleigenen anliegenden Dorf haben Angehörige oder Patienten, deren Beschwerden oder Verletzungen auch eine ambulante Behandlung erlauben, die Möglichkeit unterzukommen. Bei der Versorgung dieser Patienten konnten wir den hospitaleigenen (landesweit einzigen) professionellen ambulanten Pflegedienst, bestehent aus einer dreijährig ausgebildeten Krankenschwester, bei der täglichen Arbeit beobachten. Die behandelten Patienten leiden unter den Folgen ihrer Verbrennungen, den Narben und den damit einhergehenden Bewegunseinschränkungen und Schmerzen.

Bei den Hausbesuchen wird nicht nur der Zustand der Patienten dokumentiert, sondern auch der des Hauses, ins Besondere unter hygienischen Aspekten. In Nepal ist es gewöhnlich, dass man mit seinen Tieren zusammen im Stroh lebt, kocht, isst und schläft. Durch hygienischen Schulungen und die Kontrollen der Krankenschwester lernen die Betroffenen ihre Lebensgewohnheiten zu ändern. Die sonstige pflegerische Versorgung (Waschen, Lagern, Essen reichen, einfacher Verbandwechsel…etc.) wird, nach Instruktion durch die Krankenschwester, von den Angehörigen übernommen

Der Healthpost in Naldum

Healthpost Naldum

Das SKMH unterstützt den nahegelegenen Health-Post von Nadulm, der von der Münchener Hilforganisation „Nepal Help the Children“ errichtet wurde und auch heute noch unterstützt wird. Der auf 2000 m Höhe in 15km Entfernung zum SKMH gelegene HealthPost ist Anlaufstelle, Treffpunkt und Bildungsstätte für die ca. 1000 in den Hügeln der Umgebung lebenden Menschen. Besetzt ist er von einem zuständigen Comunity Medical Assistant (CMA) (in Deutschland: Pflegehelfer), der im Health-Post auch wohnt. Jede Behandlung ist für die Bewohner der umliegenden Dörfer kostenlos. Der Behandlungsraum verfügt über eine Liege, diverse medizinische Hilfsgeräte (Fieberthermometer, Stetoskop) und die nötigsten Medikamente. Die meisten Symptome der Patienten sind Fieber, Durchfall, Magen-Schmerzen, äußere Verletzungen und Folgeerkrankungen. Nach jeder Behandlung wird in einem Buch Patientenname, Symptome, Diagnose und Therapie zeitnah dokumentiert. In schweren Fällen überweist der CMA seine Patienten an das nahegelegene SKMH. Trotz der Nähe ist der Weg dorthin beschwerlichen, da 1400 m Höhenunterschied auf steinigen Trampelpfaden überwunden werden müssen. Die Behandlung im Health-Post ähnelt dem Besuch bei einem Hausarzt (verglichen mit Deutschland), und schließt direkte grundpflegerische Versorgungen aus.

Psychiatrische Pflege in Nepal

Allgemeine Daten

Um über eine pflegerisch - psychiatrische Versorgung im Königreich Nepal sprechen zu können muss man sich erst einmal die Versorgungssituation, auf diesem Gebiet, in diesem Land vor Augen halten. Geht man davon aus, dass in allen Kulturen und ethnologischen Gruppen der Welt der Anteil der Bevölkerung, welcher im Laufe seines Lebens an einer schizophrenen Erkrankung leiden wird mit 2% angegeben wird hat dies für dieses kleine Land eine dramatische Bedeutung. Angenommen von den in Nepal lebenden 23 Mill. Menschen erkranken tatsächlich 2%, bedeutet dies immerhin 230000 Menschen die einer psychiatrischen Versorgung bedürfen. Hinzu käme noch eine nicht abschätzbare Größe von Menschen, die an anderen psychischen Erkrankungen, etwa Depressionen, Zwangserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, neurotischen Störungen, dementiellen Entwicklungen oder affektiven Störungen etc. leiden. Für das eher nicht vorhandene Gesundheitssystem kämen unglaubliche Belastungen zu. Zumal es in ganz Nepal nur 24 promovierte Psychiater gibt. Realistisch haben wir die psychiatrische Versorgung in Nepal, in Form des Mannasik-Hospitals in Kathmandu kennengelernt. Einem Lehrkrankenhaus der Universität Kathmandu mit zu seiner Zeit (Ende 2002) 30! Betten, welches im Laufe der nächsten Jahre auf 100 Betten ausgebaut werden soll. Chefarzt der dortigen Einrichtung ist Dr. Nirakar Man Shresta. Der Leiter des psychiatrischen Instituts der Universität Kathmandu ist Prof. Dr. Mahendra Nepal. Dieses Krankenhaus ist das einzige dieser Art in ganz Nepal und übernimmt ähnlich einem Krankenhaus in Deutschland die regionale Pflichtversorgung, was in diesem Fall die Versorgung ganz Nepals bedeutet. Grundsätzlich gilt in Nepal allerdings eine psychiatrische Erkrankung als große Schande und als Strafe der Götter. Da offensichtlich ist, dass dieses kleine Krankenhaus diese Versorgung nicht übernehmen kann erfuhren wir von Dr. Shresta, dass ein Großteil der nepalischen Bevölkerung, wie auch bei anderen Erkrankungen die Schamanen und Heiler in ihre Nähe aufsuchen. „In den ländlichen Gebieten ist der Gang zum Schamanen immer noch die billigste und schnellste Versorgungsform. Ihre Zahl wird auf 700 000 geschätzt, das heißt, auf etwa 30 Bewohner kommt ein Schamane. Demzufolge ist der Kontakt zwischen Heiler und Patient sehr eng und die Betreuung sehr intensiv. Bei schweren Erkrankungen ist die Fähigkeit der Schamanen wichtig, für die Diagnose und Therapie auch in Trance gehen zu können. Die damit verbundenen Heilrituale beziehen Sinne und Gefühle von Zuschauern und Patienten mit ein. Die Menschen kommen nicht nur mit schweren seelischen oder körperlichen Störungen zum Schamanen, sondern auch um Beistand beim Tod eines Angehörigen zu bekommen, wegen schlechter Träume oder weil sie einen Ratschlag brauchen.“ (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=33705, PP1 Ausgabe August 2002 S. 361) Das Manna Sik – Hospital und ihre Leiter sind sehr daran interessiert die traditionellen neben den modernen Heilmethoden in ihre Therapie zu integrieren.

Mannasik-Hospital

Struktur, Personal und medizinische Versorgung

Lehrkrankenhaus verfügt über eine Abteilung mit 30 Betten und eine zweigeteilte Institutsambulanz. Die psychiatrische Abteilung ist „offen“. Eine in unserem Sinne bekannten, geschlossenen Akutstation, ist in diesem Krankenhaus nicht vorgesehen. Es werden alle bekannten psychiatrischen Erkrankungen behandelt. Die Institutsambulanz gliedert sich in eine „Depotambulanz“ und einer eher an eine ambulante psychiatrische Beratungs- und im weitesten Sinne auch Behandlungsambulanz unter der Leitung jeweils eines CMA (Comunity Medical Assistant). Was in etwa einer einjährigen Krankenpflegeausbildung entspricht. Zum einen werden hier den Patienten Medikamente in Depotform verabreicht oder es werden ihnen nach einer Beratung Psychopharmaka verordnet und verabreicht. Interessant für alle in der Psychiatrie Tätigen war hier, dass die modernen atypischen Neuroleptika, erstens bekannt und Anwendung waren, aber ausschließlich im ambulanten Bereich zum Einsatz kamen. Im stationär - akuten Bereich stießen wir ausschließlich klassische Neuroleptika und moderne Antidepressiva („Serotoninwiederaufnahmehemmer“). Nachdenklich machte uns hier, da wir natürlich in der Ambulanz nach den Kosten für diese modernen und in Deutschland teuren Medikamente fragten, als wir erfuhren, dass eine Packung eines in Deutschland in den Kliniken häufig verordneten Neuroleptikum (Original verpackt) hier nur ganze 2$ kostete hingegen das gleiche Medikament in Deutschland den Krankenkassen mit fast 200€ in Rechnung gestellt wird. Wobei festzuhalten ist, dass die Patienten die Medikamente in der Regel selbst bezahlen müssen und da sind 2$ schon eine ansehnliche Summe bei einem Monatseinkommen von etwa 15 – 20 $. Die stationäre Versorgung ist kostenlos. Es wird lediglich eine Summe von 200 Ruppes (2€) von den Angehörigen erhoben, um den Patienten, falls er von der Familie im Stich gelassen wird, wieder nach Hause schicken zu können. Die stationäre Behandlung umfasst ausschließlich eine medikamentöse Behandlung und dauert durchschnittlich 17 Tage. „Eine psychotherapeutische, ergotherapeutische oder Sport- und Musiktherapeutische Behandlung findet in Nepal keine Anerkennung und wäre auch für die Nepali zu langwierig und zu teuer. (vgl. Prof. Mahendra Nepal in „Deutsches Ärzteblatt, PP 1, Ausgabe August 2002 S. 361). Die gesamte medizinische Versorgung im Krankenhaus obliegt Dr. Shresta als einzigem, angestelltem Arzt mit psychiatrischer Ausbildung. Auf pflegerischer Seite wird die Versorgung von einer (!) dreijährig ausgebildeten Nurse, ohne psychiatrische Weiterbildung, und etwa 5-6 CMAs übernommen. Grundsätzlich tragen aber hier die Angehörigen der Patienten die Verantwortung für die Körperpflege und die Ernährung der Patienten. Zusätzlich sind die Angehörigen auch für die Sicherheit und den Schutz der Patienten in akuten Phasen der Erkrankung verantwortliche und müssen hier mindestens eine 1 zu 1 Betreuung sicherstellen. Als Hilfsmittel haben wir hier nicht die üblichen Fixierungsmöglichkeiten beobachten können, sondern wir fanden die archaische Methode des, im wahrsten Sinne des Wortes „Ans Bett Ketten“ vor. Dies stellte aber für alle Beteiligten kein großes ethisches Problem dar und wurde auch mit dem Fehlen moderner und weniger belastender Möglichkeiten begründet.

Fazit

Eine medizinisch-psychiatrische Versorgung liegt in Nepal in rudimentären Formen vor. Ein großes Spektrum moderner Behandlungsmethoden wird von den Betroffenen aus wirtschaftlichen und kulturellen Gründen abgelehnt. Die schulmedizinisch orientierte psychiatrische Behandlung und Pflege reduziert sich hier auf rein somatisch orientierte Konzepte. Der größte Teil der Betroffenen bevorzugt die traditionellen Heilmethoden der Schamanen. Grundsätzlich lässt sich die Behandlung als modern im internationalen Standard beschreiben und liegt mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 17 Tagen noch unter dem Durchschnitt einer psychiatrischen Abteilung einer dem Verfasser bekannten modernen, deutschen Universitätsklinik. Aus pflegerischer Sicht erstaunte der souveräne und professionelle Umgang der CMAs und der Nurse im Bereich der Institutsambulanz und im stationären Bereich. Hier schienen die Verantwortlichkeiten wesentlich weiter zu reichen als in den deutschen Kliniken. Als interessant und zu bedenken kann der Verfasser, aus eigener praktischer Erfahrung, die Verbannung der modernen Neuroleptika in den ambulanten Bereich bezeichnen. Sehr modern und zweckmäßig erschien dem Verfasser auch die Zweiteilung der Institutsambulanz. Die psychiatrisch-pflegerischen Versorgung fehlt in der psychiatrischen Versorgung in Nepal komplett, womit sich die Frage nach einer häuslichen psychiatrischen Versorgung erst gar nicht stellen lässt. Die Versorgung psychiatrischer Patienten in Nepal birgt aber mit der Integration traditioneller Heil- und Behandlungsmethoden sowie der interessanten und modernen Struktur, bei festzustellenden Defiziten doch interessante Aspekte, die moderne westliche Behandlung einfließen könnten.

Letztendlich lässt sich das Fehlen einer qualifizierten psychiatrischen Pflege auch mit der, an englischen Modellen entwickelten sehr medizinisch ausgerichteten pflegerischen Ausbildung und der problematischen Sichtweise der Bevölkerung auf diese Art von Erkrankungen in Nepal, erklären.

Literatur